Play Sit Stay - Blog rund um den Hund

 

Ihr Hund kennt beim Anblick von Wasservögeln, Kaninchen und Rehen kein Halten mehr? Das Jagdverhalten des Hundes ist angeboren, doch es gibt Möglichkeiten, die Jagdlust Ihres Wildfangs kontrollierbar zu machen und ihn sinnvoll zu beschäftigen.

Sie machen mit Ihrem Hund einen Spaziergang durch Wiesen und Felder. Ihr vierbeiniger Begleiter schnuppert interessiert am Wegesrand und entfernt sich Meter für Meter von Ihnen. In der Ferne springt ein Hase auf. In der gleichen Sekunde rast Ihr Hund wild japsend los und verschwindet als kleiner Punkt am Horizont. Sie bleiben hilflos zurück. Ihr wiederholter Rückruf verhallt im Geschwindigkeitsrausch Ihres Hundes. Erst nach einer gefühlten Ewigkeit kehrt der Ausreißer hechelnd und scheinbar sehr glücklich von seinem Ausflug zurück. Für Sie ist die Freude am Spaziergang vorbei und Sie treten mit Ihrem Vierbeiner an der Leine den Heimweg an.

Gefährliche Jagd
Sicher ist: Ein Hund der jagt, zeigt Normalverhalten. Bleibt der natürliche Beutetrieb jedoch unkontrolliert, kann dieses Verhalten für Mensch, Hund und Umwelt problematisch werden. Besonders im Frühjahr und Frühsommer, wenn das Wild seine Jungen zur Welt bringt und Bodenbrüter auf ihren Nestern sitzen, werden die Tiere schnell zur Beute. Trächtiges Wild ist schwerfällig und die Chance, einem Hund zu entkommen, somit gering. Durch Hundebisse verendete Rehe und Totgeburten infolge der hohen Stressbelastung einer Verfolgungsjagd gehören zum Alltag der Revierinhaber. Jagdschutzberechtigte sind nach §23 des Bundesjagdgesetzes verpflichtet, das Wild vor Gefahren zu schützen. Befindet sich der Hund außerhalb des Einwirkungsbereiches seines Halters und stellt er eine erkennbare Gefahr für das Wild dar, ist der Jäger befugt, einen Hund zur sogenannten Gefahrenabwehr zu erschießen. Das Verhältnis zwischen Hundehaltern und der Jägerschaft ist traditionell belastet und von gegenseitigem Unverständnis geprägt. Hundehalter wollen freien Auslauf für ihre Hunde, Jäger wollen ihr Revier frei von Störungen halten. Um Konflikte zu vermeiden und das Wild zu schützen, verlangen einige Landeswaldgesetze eine generelle Anleinpflicht für Hunde im Wald.

Selbstbelohnendes Verhalten
Warum jagen unsere Hunde eigentlich so gern und warum ist das Problem so hartnäckig? Der Jagdtrieb gehört in unterschiedlich starker Ausprägung zur genetischen Grundausstattung des Hundes. Bei Wölfen, den wilden Verwandten unserer Haushunde, dient er der Nahrungsbeschaffung. Das Jagdverhalten besteht aus mehrere Sequenzen: Orten, Fixieren, Anpirschen, Hetzen, Packen und Töten. Jede einzelne Sequenz der Handlungskette, wie zum Beispiel das Anpirschen an ein Beutetier, ist stark selbstbelohnend. Die Ausschüttung von Hormonen und Endorphinen versetzt den Beutegreifer in einen beglückenden Rauschzustand und sorgt dafür, dass er auch unter ungünstigen Bedingungen am Ball bleibt. Die verhaltensbiologische Regel, dass ein Verhalten, das wenig oder keinen Erfolg bringt, eingestellt wird, gilt beim Jagdverhalten nicht. Dem Wolf sichert dieser verhaltensbiologische Trick das Überleben. Der Familienhund bekommt seine Mahlzeiten ohne großen Aufwand frei Haus, mit seinem wölfischen Erbe ist ihm aber der Spaß an der Jagd geblieben.

Jagdverhalten erkennen
Wäre es nun möglich, einen Hund zu befragen, worin er sein höchstes Glück auf Spaziergängen findet, würde seine Antwort mit größter Wahrscheinlichkeit anders ausfallen, als die seines Menschen. Wir wollen unterwegs unsere Batterien aufladen, Hunde wollen ihre überschüssige Energie loswerden. Hier beginnt das Dilemma. Ein Familienhund braucht in der Regel keinen Spaziergang, um sich vom Alltag zu erholen. Er verlässt sein Körbchen bereits frisch erholt und sucht aktiv nach einer für ihn sinnvollen Beschäftigung. Bleibt der Hund unterwegs konstant unterfordert, sorgt er selbst für Abhilfe.
Das Jagen bietet ihm je nach Rasse und Temperament eine breite Palette der Beschäftigungsmöglichkeiten. Im Park hält er Ausschau nach Eichhörnchen, treibt Enten oder versucht einen Maulwurf auszugraben. Im Wald stöbert er am liebsten durch das dichte Unterholz und verfolgt spannende Fährten. Solche Aktivitäten des Vierbeiners werden oft noch als harmlos eingeschätzt und toleriert. Das ernsthafte Jagdverhalten des Hundes wird meist erst erkannt, wenn der Vierbeiner für längere Zeit wegläuft oder bereits die Erfahrung gemacht hat, Wildtiere zu hetzen und zu schädigen.

Hausgemachtes Problem
Jeder Hund, ob Dogge oder Pinscher, zeigt seiner genetischen Anlage entsprechend in einem bestimmten Maß Jagdverhalten. Durch selektive Zucht können Verhaltenselemente gefördert werden, die bestimmte Rassen zu erstklassigen Jagdhelfern machen. Diese Hunde reagieren auf bewegte Objekte und Geruchsreize sehr viel schneller und intensiver als Artgenossen anderer Rassen. Vor der Anschaffung eines Hundes mit Jagd im Blut lohnt sich daher die intensive Auseinandersetzung mit den Anlagen und Bedürfnissen der Rasse.
Ausnahmen bestätigen jedoch auch hier die Regel, das heißt, ein Schoßhund kann beim Anblick eines Kaninchens leuchtende Augen bekommen und es mag sicher auch einen klassischen Jagdhund geben, den der Anblick der hoppelnden Beute kalt lässt.
Das Problem des unkontrollierten Verfolgens ist unabhängig von der Rasse häufig hausgemacht. Die Ausprägung des Jagdverhaltens entwickelt sich in der Wechselwirkung zwischen Anlagen und Umweltreizen. Hunde durchlaufen in ihrem ersten Lebensjahr Phasen, in denen bereits vorhandene Fähigkeiten geübt werden. Das gerichtete Jagdverhalten zeigt ein Hund, abhängig von seiner Rasse und Größe, ungefähr gleichzeitig mit dem Beginn der Pubertät ab dem sechsten Monat. Kleine Rassen entwickeln sich sowohl körperlich als auch in der Ausbildung ihrer jagdlichen Fähigkeiten deutlich schneller als die Vertreter größerer Rassen. Kleine Terrier, wie der Jack Russel Terrier, zeigen schon als Junghund einen beachtlichen Beutetrieb. Meist unbedacht wird dieses Verhalten schon in den ersten Lebenswochen gefördert statt begrenzt. Der Welpe darf an Hosenbeinen zerren und wird mit fliegenden Stöckchen und Bällchen animiert. Der kleine Kerl lernt einen auslösenden Reiz immer wieder unkontrolliert zu beantworten und schaltet wie auf Autopilot. Das Verfolgen macht Spaß. Wird das Verhalten nicht rechtzeitig korrigiert, steht bald auch das Hetzen von Wildtieren, Radfahrern und Joggern auf seinem Unterhaltungsprogramm. Und mit dem ersten Geburtstag des Hundes ist für seinen Menschen ein handfestes Problem geboren.

Anti-Jagd-Training
Ein Jagdproblem ist weder schnell zu lösen noch gibt es eine Methode, um die Jagdlust des Hundes abzustellen. Ein Anti-Jagd-Training bietet die Möglichkeit, die Orientierung des Hundes an seinem Menschen zu verbessern und funktionierende Aufmerksamkeits- und Rückrufsignale zu etablieren. Er lernt dem Impuls, bewegten Objekten kopflos nachzuhetzen, zu widerstehen und bleibt sattdessen ansprechbar. Gute Trainingserfolge zeigen sich – abhängig von den bisherigen Jagderfahrungen – frühestens nach drei bis zwölf Monaten. Der Halter braucht einen realistischen Blick für die Situation und die Ausdauer, das Verhalten seines Vierbeiners konsequent und dauerhaft eikontrollieren und beeinflussen zu wollen. Die gewählten Maßnahmen müssen dem Umstand Rechnung tragen, dass nicht die Freiheit des Hundes über das Wohlergehen und die Unversehrtheit seiner Umwelt gestellt werden kann und darf. Wenn Sie ein Jagdproblem nachhaltig behandeln wollen, muss sichergestellt sein, dass der Hund möglichst keine einzige Gelegenheit mehr erhält, unkontrolliert zu hetzen. Je länger und öfter er die beglückende Erfahrung zu jagen bereits machen durfte, umso motivierter ist er, das Erlebnis so häufig wie möglich zu wiederholen. Solange Ihr Vierbeiner unterwegs nicht zuverlässig auf Signale reagiert, ist der Einsatz von Brustgeschirr und Schleppleine nötig, um selbstbelohnendes Verhalten zu verhindern. Eine fünf bis maximal zehn Meter lange Schleppleine gibt Ihrem Hund den Radius vor, in dem er sich zukünftig bewegen darf.

Flexi-Leinen sind als Maßnahme ungeeignet, weil Ihr Hund lernt, dem immer leicht spürbaren Widerstand des Rollmechanismus entgegenzuwirken und weiterhin seinen Radius selbst zu bestimmen. Aufbau des Trainings Beginnen Sie den Namen des Hundes generell wieder bewusster und in einer positiven Gestimmtheit zu nennen. Sprechen Sie Ihren Hund in Situationen, die keine weitere Ablenkung bieten, mit seinem Namen an. Wendet er sich Ihnen zu, verwenden Sie ein freundlich klingendes Signal wie „Schau mal!“. Funktioniert das gut, dürfen Sie Ihren Hund mit einer kurzen Streicheleinheit oder einem besonders guten Leckerli belohnen. Der Hund lernt das Aufmerksamkeitssignal positiv zu verknüpfen. Das Signal schafft die Grundlage, weitere Befehle wie „Hier“ oder „Sitz“ abzufragen. Wählen Sie zunächst nur Momente, in denen es Ihnen wahrscheinlich erscheint, dass Ihr Hund Ihnen auch wirklich seine volle Aufmerksamkeit schenken wird. Ihr Hund lernt am Erfolg. Lassen Sie ihn während der Übungen nicht die Erfahrung machen, dass es möglich ist, nicht mit Ihnen zu kooperieren. Ersetzen Sie Ihr Rückrufsignal, wie zum Beispiel „Komm!“, gegen ein neues, falls Ihr Hund in der Vergangenheit gelernt hat, das alte Signal zu ignorieren. Beginnen Sie wieder in einer ablenkungsarmen Situation, indem Sie seine Aufmerksamkeit einfordern. Erst wenn sich Ihr Hund zu Ihnen umdreht und sich in positiver Erwartung auf Sie zubewegt, verwenden Sie das neue Rückrufsignal, wie zum Beispiel „Zu mir!“. Bieten Sie ihm zusätzlich ein Sichtzeichen mit der Hand und erleichtern Sie ihm das Herankommen, indem Sie sich etwas von ihm wegbewegen.

Sind die Trainingsschritte erfolgreich, erhöhen Sie langsam die Ablenkungsintensität mit Übungseinheiten im Park. Behalten Sie bei den Übungen Ihre Umgebung im Auge und lernen Sie die Körpersprache Ihres Hundes zu beobachten und zu deuten. Unterbrechen Sie Situationen, in denen er sich auf Außenreize fixiert, zunächst mit einem Richtungswechsel, später mit dem Aufmerksamkeitssignal, das Sie bereits erfolgreich geübt haben. Werden Sie spannend für Ihren Hund! Die Zeiten, in denen sich Ihr Hund auf Spaziergängen mit Ihnen gelangweilt hat, sind nun vorbei. Bieten Sie ihm die Möglichkeit, etwas Interessantes zu erleben. Das kann zum Beispiel die Suche nach einem Futterdummy oder das gemeinsame Verfolgen einer Fährte sein.
Ein Anti-Jagd-Training bietet die Möglichkeit, generelle Trainings-Basics aufzufrischen und Ihre Mensch-Hund Beziehung auf den Prüfstand zu stellen.

Nimmt Ihr Hund Sie ernst? Und vor allen Dingen, nehmen Sie die speziellen Bedürfnisse Ihres Hundes ernst? Lassen Sie sich auf das Abenteuer ein, damit Sie gemeinsam mit Ihrem Hund in der Natur die Freiheit und Erholung genießen dürfen, die Sie sich wünschen.