Play Sit Stay - Blog rund um den Hund

 

Immer mehr Menschen schauen bei der Auswahl des neuen Familienmitgliedes über die Landesgrenzen hinaus. Wer sich für einen Hund aus dem Ausland entscheidet, sollte aber nicht nur aus Mitleid handeln, sondern den neuen Begleiter möglichst vorausschauend und mit Bedacht wählen.

Die Schnauze zwischen rostigen Gitterstäben hervorgeschoben, Augen, die mit unendlich traurigem Blick zu sagen scheinen „Bitte rette mich!“, das ist oft das erste Bild, das wir von einem Hund aus dem Tierschutz sehen. Auf den Seiten unzähliger Tierschutzorganisationen im Internet werden mit einer erdrückenden Flut von Bildern Welpen und erwachsene Hunde aus Spanien, Portugal, der Türkei oder Rumänien zur Vermittlung angeboten. Die Einfuhr von Auslandshunden erlebt einen Boom und auf der Hundewiese gehört es fast zum guten Ton, einen Vierbeiner aus dem Tierschutz aufgenommen zu haben.

Mit Herz und Verstand
Und doch spaltet das Für und Wider des Imports von Hunden aus dem Ausland die Welt der Hundefreunde. Experten liefern in hitzigen Diskussionen absurde wie stichhaltige Argumente, die bezüglich der eigenen Meinungsfindung nachdenklich machen. Das traurige Schicksal der Hunde aus den südlichen Ländern und Osteuropa lässt sich langfristig nicht lösen, indem wir möglichst viele von ihnen „retten“ und nach Deutschland importieren. Die Deutschen Tierheime sind voll mit Tieren, die auf ein zu Hause warten. Rund 100.000 Hunde werden jährlich abgegeben, weil sie von ihren Besitzern unüberlegt angeschafft wurden. Nachhaltiger Tierschutz im Ausland kann nur betrieben werden, wenn bei der Bevölkerung und den zuständigen Behörden vor Ort ein verantwortungs volles Umdenken erfolgt und Umstände für die Tiere geschaffen werden, die ein Hundeleben, auch wenn es auf der Straße stattfindet, lebenswert machen. Bis diese Umstände geschaffen sind, werden aber noch Jahre vergehen. Noch finden in Ländern der Europäischen Union, in denen Tierschutz aus unterschiedlichen Gründen keinen hohen Stellenwert hat, gesunde und freundliche Hunde auf grausame Weise den Tod. Solange sich daran nichts ändert, hat es durchaus mit Herz und Verstand zu tun, bei der Auswahl des neuen Familienmitgliedes über die Landesgrenzen hinauszuschauen. Vielleicht sitzt der neue vierbeinige Freund ja in einer Spanischen Perrera oder in einem griechischen Tierheim.

Information statt Mitleid
Adoptieren Sie nicht von Mitleid geleitet vorschnell einen Vierbeiner mit traurigem Blick, sondern entscheiden Sie sich ganz bewusst und informieren Sie sich bitte ausführlich, bevor das neue Familienmitglied bei Ihnen einzieht. Schließlich soll Ihr Schützling ein Hundeleben lang bei Ihnen bleiben und kein weiterer Insasse des örtlichen Tierheims werden! Eine seriöse Organisation, die eng mit Tierschützern im Ausland zusammenarbeitet, wird Ihnen bereitwillig Auskunft über einen Hund geben, den Sie vielleicht nicht persönlich vor seiner Ankunft in Deutschland kennenlernen können. Einige Vierbeiner sind in Pflegestellen untergebracht, wo sie bis zur finalen Vermittlung von tierlieben Menschenversorgt und bereits in kleinen Schritten an ihr neues Leben gewöhnt werden. Sind Sie Anfänger in der Hundehaltung, ist es ein guter Weg, den Wunschhund vorab zu besuchen und kennenzulernen. Sie können unter Anleitung seiner Patenfamilie erste Unsicherheiten abbauen und Freundschaft schließen. Scheuen Sie sich nicht zu fragen, aus welchen Umständen das Tier kommt. Nicht jeder Hund, auch wenn er aus einer schlimmen Situation befreit wurde, wird mit einem neuen Leben in Deutschland glücklich. Hunden, die keine Gelegenheit hatten eine Bindung zu Menschen aufzubauen oder kaum Kontakt zu Artgenossen hatten, ist mit einem Leben in einem Wohnzimmer und Spaziergängen auf der Hundewiese kein Gefallen getan. Wenden Sie sich an einen gut ausgebildeten Trainer. Er wird gemeinsam mit Ihnen herausfinden, welcher Vermittlungskandidat zu ihren Lebensumständen passt und Ihnen bei der Auswahl Ihres neuen Begleiters behilflich sein. Das bedeutet auch zu erkennen, welche Rassen in ihrem Wunschhund stecken.

Andere Länder andere Rassen
Lassen Sie sich bei der Auswahl Ihres neuen Begleiters nicht vom äußeren Erscheinungsbild verleiten. Der optische Eindruck führt nicht selten zu Missverständnissen. Das Märchen vom „geretteten und darum dankbaren Mischling“ hält sich hartnäckig und mag sich in Einzelfällen in Form eines pflegeleichten Kandidaten, der sich vorbildlich brav und anhänglich in sein neues Leben eingefunden hat, zutreffen. Verschiedene Rassen und deren Mischlinge können abhängig von Ihrer Genetik und Verwendung ein unterschiedliches Bindungsverhalten an den Menschen zeigen. Einige Rassen sind zum Beispiel auf besondere Eigenständigkeit gezüchtet. In Ländern, in denen konventionelle Landwirtschaft und Viehzucht betrieben werden, ist oft ein bestimmter Gebrauchshund-Typus anzutreffen. Besonders in Spanien, Portugal und den Balearen kommen anspruchsvolle Rassen wie der Galgo Espanol und Podenco Ibicenco vor. Die Wind- und Jagdhunde werden von den Einheimischen zum Aufstöbern von Wild schweinen und Kaninchen eingesetzt. Podenco bedeutet auch „Hasenhetzhund“. Sie brauchen nicht viel Phantasie um sich lebhaft auszumalen, was das für einen Spaziergang auf Wald und Flur bedeuten kann. In der Türkei sind besonders häufig Herdenschutzhunde wie der Kangal und der schlankere Akbash anzutreffen. Ihre Aufgabe ist das Bewachen von Haus, Hof und Vieherden. Sind Sie Anfänger in der Hundehaltung und eher der gesellige Typ, der in seinem Haus gern Besuch empfängt, ist er sicher nicht Ihr Hund. Die imposanten Vertreter dieser Rassen nehmen ihre Aufgabe sehr ernst, sind selbständiges Arbeiten und Entscheiden gewohnt und lassen sich nur ungern reinreden, wenn sie erst einmal in Aktion sind. Ausnahmen bestätigen auch hier die Regel. Trotzdem, wählen Sie Ihren Hund lieber vorausschauend, als auf eine glückliche Fügung zu hoffen. Informieren Sie sich mithilfe von Literatur oder Internet über die Charaktereigenschaften der in den jeweiligen Ländern vorkommenden Rassen. Sammeln Sie Eindrücke bei Freunden. Gehen Sie in Hundeschulen oder verbringen Sie einfach einen Nachmittag auf der Hundewiese. Haben Sie Kinder? Lieben Sie Besuch? Leben Sie auf kleinem Raum in der Großstadt? Oder ländlich in einem Haus mit Garten? Je ehrlicher Sie zu sich selbst sind, desto wahrscheinlicher ist es, dass sie dauerhaft mit ihrem Schützling glücklich werden können.

Ist der Wunschhund gesund?
Es ist passiert, Sie haben sich in einen Hund verliebt, dessen Foto Sie auf der Internetseite einer Tierschutzorganisation entdeckt haben, oder den Sie bereits in seiner Pflegestelle kennenlernen durften. Bevor Sie Ihren ausländischen Wunschhund übernehmen, lassen Sie sich bitte über seinen Gesundheitsstatus aufklären. Ein Bluttest, der sogenannte Mittelmeercheck, gibt Auskunft, ob der Hund mit Erregern infiziert oder bereits erkrankt ist. Unter dem Begriff Mittelmeerkrankheiten sind Krankheiten zusammengefasst, die in Süd- und Osteuropa verbreitet und in Mittel- und Nordeuropa bislang noch selten oder unbekannt sind. Unbehandelt verlaufen einige dieser Krankheiten für Ihren Hund tödlich. Leider gibt es kein hundertprozentig sicheres Verfahren, um mögliche Infektionen zu erkennen und auszuschließen. Natürlich sind längst nicht alle Hunde aus dem Ausland krank, doch regional bedingt ist zum Beispiel ein hoher Prozentsatz der Tiere mit Leishmaniose infiziert. Die Krankheit wird durch die Sandmücke übertragen und gilt als behandelbar, jedoch nicht heilbar. Verantwortungsvolle Tierschützer sind bemüht, einem Anfänger keinen kranken Hund zu vermitteln, der unter Umständen auf Lebenszeit medizinisch versorgt werden muss.

Gemeinsam die Welt entdecken
Auch wenn Ihr Hund aus dem Ausland gesund ist, hat er bereits viel erlebt und konfrontiert Sie als frisch gebackenen Besitzer mit besonderen Herausforderungen. Er hat um zu überleben eigene Strategien entwickelt und zeigt unter Umständen ein Verhalten, dass Sie als störend oder problematisch empfinden. War Ihr Wunschhund ein Streuner, hat er sich vermutlich jahrelang von seinen Jagderfolgen oder Abfällen ernährt, bevor er in ein Tierheim gebracht wurde. Die Versorgung mit ausreichend Nahrung muss nicht bedeuten, dass er gleich auf das Suchen von Extramahlzeiten verzichtet. Schlimmstenfalls hat Ihr neuer Hund noch nichts erlebt, weil er in einem Tierheim geboren wurde und reagiert in den unterschiedlichsten Alltagssituationen ängstlich oder panisch. In beiden Fällen sollten Sie viel Geduld und Verständnis für Ihren Hund mitbringen. Der Umzug in ein neues Zuhause bedeutet für Ihren Vierbeiner eine grundlegende Veränderung seiner Lebensumstände. Wenn keine Informationen über sein Vorleben vorhanden sind, gehen Sie am besten davon aus, dass Ihr neuer Mitbewohner unter Umständen nie das Leben in der Stadt kennengelernt hat, weil er vielleicht auf dem Land aufgewachsen ist. Er kennt keinen lärmenden Straßenverkehr, keine Menschenmengen und hat vermutlich nie ein Haus von Innen gesehen. Für uns ganz alltägliche Situationen können für einen Hund, der in einer reizarmen Umgebung aufgewachsen ist, permanenten Stress bedeuten. Geben Sie Ihrem Hund Zeit! Lassen Sie ihn mit Ihrer Hilfe in kleinen Schritten seine neue Welt erkunden, ohne ihn mit zu hohen Ansprüchen zu überfordern. Je entspannter und klarer Sie ihn führen, umso leichter machen Sie es Ihrem Schützling, seine Ängste zu überwinden. Vermitteln Sie ihm das Gefühl, dass er sich in schwierigen Situationen auf Sie verlassen kann. Dazu gehört von Beginn an auch Grenzen zu setzen und Regeln zu vermitteln, auch wenn Ihr neues Familienmitglied in einem bedauernswerten Zustand zu Ihnen gekommen ist. Eine verbindliche Struktur macht es Ihrem Vierbeiner einfacher, sich entspannt in seinen neuen Alltag einzufinden. Hier helfen tägliche Rituale wie feste Gassi-, Futter- und Ruhezeiten. Streuen Sie Erziehungsübungen wie „Sitz“, „Platz“ und „Hier“ spielerisch in Ihren Tagesablauf ein und beenden Sie Ihre Übungen mit einem Erfolgserlebnis. Wenn Sie sich unsicher sind, investieren Sie in einen guten Trainer. Er wird Ihnen in den ersten Wochen mit Rat und Tat zur Seite stehen. Die meisten Hunde aus dem Ausland sind ein mal aufgetaut, pfiffige Lebenskünstler und besitzen in der Regel die Fähigkeit, sich schnell an Situationen anzupassen. Nutzen Sie die Sensibilität und Lernfähigkeit Ihres Hundes für Ihr Training, statt ihm mit Mitleid zu begegnen.

Chance für Mensch und Hund
„Das klingt jetzt alles sehr dramatisch und kompliziert!“, werden Sie jetzt viel leicht sagen. Stimmt, aber diese Gedanken müssen Sie sich machen. Ist der Hund aus dem Ausland erst bei Ihnen eingetroffen, tragen Sie für den Rest seines Lebens die Verantwortung für ihn. Unsere Tierheime sind voll. Wenn Sie sich fragen, ob es nicht auch einfacher geht, nachdem Sie den Artikel gelesen haben, sei noch gesagt: Doch, es gibt ihn, den unkomplizierten, fröhlichen Hund aus dem Tierschutz. Eine Garantie für ein harmonisches Miteinander und Gesundheit bis ins hohe Alter wird es für einem Hund vom Züchter genauso wenig geben wie für einen Hund aus dem Tierschutz. Grund legendes Verständnis für das Wesen des Hundes und Beziehungsarbeit im Mensch-Hund-Team sind nötig. Es liegt in Ihrer Hand. Je besser Sie auf Ihr Abenteuer mit einem Vierbeiner aus dem Ausland vorbereitet sind, umso leichter werden Sie Ihren Traumhund finden. Er hat seine Chance auf ein besseres Leben verdient.

Woran Sie eine seriöse Tierschutzorganisation erkennen
✓ Die Webseite der Organisation ist so informativ wie möglich und die Eigenschaften der Hunde sind umfassend beschrieben.
✓ Auch negative Eigenschaften der Tier wie zum Beispiel problematisches Verhalten oder Krankheiten werden nicht verschwiegen.
✓ Das Team der Organisation stellt sich unter Angabe ihrer Kontaktdaten vor.
✓ Die Organisation arbeitet mit Pflegestellen in Deutschland, in der die Vierbeiner bis zu Ihrer Vermittlung betreut werden.
✓ Es wird gemeinsam mit Ihnen ein für ihre Lebensumstände geeigneter Hund ausgesucht.
✓ Es wird eine Selbstauskunft eingefordert und ein Schutzvertrag erstellt.
✓ Die Adoptionsgebühr sollte einen neuen Mittelmeertest mit Blutbild (kein Schnelltest!), Impfungen, Chip, EU-Pass und gegebenenfalls die Kastration beinhalten.
✓ Es finden Vor- und Nachkontrollen bei ihnen zu Hause statt.
✓ Wenn nicht anders möglich, bietet Ihnen das Team telefonische Hilfe bei Problemen mit Ihrem Schützling an.
✓ Die Organisation ist im Notfall bereit, den Hund zurückzunehmen.
✓ Es finden jährliche Treffen für Interessierte und die Halter bereits vermittelter Hunde und statt.